JOH. 20:15-29

"Es kam der Abend des ersten Tages nach dem Sabbat. An dem Ort, wo die Jünger sich befanden, hatte man aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen. Da stand Jesus plötzlich mitten unter ihnen und grüßte sie mit den Worten: "Der Friede sei mit euch!" Darauf zeigte er ihnen die Male an seinen Händen und an seiner Seite. Die Jünger waren voller Freude, den Herrn wiederzusehen. Er wiederholte den Gruß: "Der Friede sei mit euch!" Dann fuhr er fort: "Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch." Nach diesen Worten hauchte er sie an und sprach: "Empfanget einen heiligen Geist! Wenn ihr die Fehltritte anderer vergebet, so werden sie auch euch vergeben; traget ihr jedoch andern ihre Fehltritte nach, so wird man sie auch euch nachtragen."

Thomas, den man den 'Zwilling' nannte, einer von den Zwölf, war nicht zugegen, als Jesus erschien. Später erzählten ihm nun die andern Jünger: "Wir haben den Herrn gesehen!" Er gab ihnen zur Antwort: "Wenn ich nicht in seinen Händen das Mal der Nägel sehe und mit meinen Fingern nicht ein Nagelmal berühre und meine Hand nicht in seine Seite legen kann, so werde ich es niemals glauben." Acht Tage später waren die Jünger wieder im Haus zusammen, und Thomas war diesmal bei ihnen. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen zu ihnen herein, trat mitten unter sie und grüßte mit den Worten: "Der Friede sei mit euch!" Dann wandte er sich an Thomas. "Siehe hier meine Hände!" - sagte er zu ihm; "berühre sie mit deinem Finger! Dann komm mit deiner Hand und lege sie in meine Seite! Und sei nicht ungläubig, sondern glaube!" Da rief Thomas: !Mein Herr und mein Meister!" Jesus erwiderte ihm: "Weil du mich gesehen hast, bist du gläubig geworden. Glücklich zu preisen sind die, welche nicht sehen und doch glauben."


Predigt:

Eigentlich eine Osterlesung, liebe Christengemeinde. Es war Ostersonntag, am Abend, so würden wir heutzutage sagen. Die Getreuen des Gekreuzigten hatten sich versammelt, ängstlich, noch völlig erschüttert von dem, was sie auf Golgatha erleben mussten: Ihr Herr und Meister, der, dem sie doch zu zugetan waren, weilte nicht mehr unter den Lebenden, war nach grausamer Folterung hingerichtet worden! Wie innerlich erstarrt waren sie und hielten sich aneinander fest, hatten Angst, das gleiche Schicksal erleiden zu müssen. Sie fürchteten um ihr Leben. Die Henker waren nicht weit, die Verfolger um sie herum. Da konnte man nur die Türen verschließen und hoffen, Gott möge ein gnädigeres Los für sie bestimmt haben.

Was, meine Brüder und Schwestern, hat das mit uns zu tun? Müssen wir um unser Leben bangen? Haben wir Verfolgung und Gefahren wegen unserer religiösen Haltung zu befürchten?

Viele sind vor uns für ihren Glauben gestorben - und irgendwie auch für uns: die Märtyrer, die Glaubenstreuen, die Unbeugsamen, die Starken! Wir hingegen genießen Religionsfreiheit; wenn leider auch nicht ganz frei von Ressentiments, Vorurteilen und manchmal - oft für freie Christen - von ein klein wenig Verfolgung und Rufschädigung. Je nachdem wer du bist, je nachdem mit wem du bist und je nachdem ob du einer Mehrheit angehörst oder nicht.

Dennoch sollten uns auch solche Schönheitsfehler nicht von jenen Mitmenschen ablenken, die tatsächliches Martyrium für ihre Überzeugung erleben, und dies in unserem ach so groß- und freizügigen Zeitalter! Es gibt sie noch: Glaubensverfolgte, Diskriminierte, Opfer. Solange es das Dunkle, Verwerfliche und die Niedertracht gibt, wird Christsein unbequem sein können. Wer lichten Glaubens ist und dazu steht, hat Versuchungen, Verunsicherungen und Anfeindungen zu widerstehen. Die dem Geiste abträgliche Gefahr aber, ist unsichtbar und bedarf großer Wachsamkeit. Dies gilt zu jeder Zeit. Luzifer schläft nicht, er spinnt seine Fäden, setzt seine Macht listig, täuschend, absolut lieblos und kalt ein.

Doch wer mit dem Herrn ist, wer sich unter Christi Fittiche stellt, ist mit dem Sieger!

Christus Jesus weiß um die Unsicherheiten und Zweifel, um das Bedürfnis nach Sicherheit. Auch Sicherheit im Glauben. Und er findet sie, diese Menschen, die den Beweis suchen. Er kennt sie alle, der Herr, und wenn er gute Absichten und gutes Potential in ihnen sieht, dann, liebe Christen, dann geht er auf sie zu! Wie er es bei Thomas getan hat und damit in jedem der Friede sei.

Wer von uns hat den Gottessohn am Kreuze leiden und sterben sehen? Wer von uns ist derethalben traumatisiert und starr vor Schreck? Wir erleben den Komfort eines sanften Christseins, dies sollte uns bewußt sein. Und doch weist sich der Heiland auch uns gegenüber aus. Vielleicht nicht durch seine Wundmale, aber durch seinen Geist, durch das Gute, was uns mit ihm widerfährt, was uns auf dem Weg hält. Es ist seine Kraft, die uns stützt und seine Liebe, die sich dann entfaltet, wenn wir die innere Kraft der Gläubigkeit vorweisen. Er verstärkt das Licht unserer Glaubensfreude.

Möchte Christus Jesus etwas von dir? Wofür verschafft er die festen Boden unter den Füßen im Leben? Wofür öffnete er die geistige Brücke zurück in das Himmelreich? Weil er dich als seinen Jünger, als seine Jüngerin einsetzen möchte und dich damit betraut: "Wie mich der Vater

gesandt hat, so sende ich euch."

Freilich, nicht jeder ist ein Apostel, nicht jeder fühlt sich reisebereit in solch biblischer Mission. Nicht jeder fühlt sich in der Lage und stark genug dazu.

Christus weiß dies. Und doch zieht er sein Vertrauen in dich nicht zurück! Und er zieht seine Gaben dem Willigen nicht zurück! Lebe dein Christsein und dann ... empfange einen heiligen Geist! Der Himmel, liehe Christen, haucht uns alle an. Die heilige, reine Macht verschließt sich keinem, denn die große Liebe klammert keinen aus. Erfühle mit deiner Seele das, was den Herrn ausmacht. Thomas fühlte die Wunden, wir fühlen.die stärkende Macht unseres Erlösers. Er offenbart sich jedem, der sich ihm zuwendet, jedem!

Nur wer die Liebe im guten Geiste demütig anzunehmen bereit ist, wird ihre Großartigkeit begreifen und er wird die Verpflichtung anerkennen, die mit dem Begreifen verknüpft ist und sich dieser Liebe gemäß verhalten: Diese Liebe überhebt sich nicht, sie vergibt und trägt nicht nach, sie verabschiedet sich von Selbstgerechtigkeit und Ichsucht.

Welch wunderbare Antwort erhalten wir, wenn wir anderen deren Fehltritte an uns vergeben: wir erhalten dann unsererseits Vergebung für so manches Unrecht, das wir getan. Damit ersparen wir uns die Last der Unversöhnlichkeit, ersparen uns die Qual des bestehenden Vorwurfs, befreien unsere Seele und sie vermag dadurch leichter zu werden und die Wärme der Nächstenliebe dringt zu ihr durch. All dies erhalten wir, weil wir glauben.

"Glücklich zu preisen sind die, welche nicht sehen und doch glauben" spricht der Herr. Diese Belehrung Jesu ist nach wie vor für viele Thomase und es erinnert mich an die Weisheit, dass nur der Ungläubige Wunder benötigt..! Der Gläubige hingegen hat bereits das Wunder der Glaubenskraft in sich aktiviert und sich damit als reif erwiesen .

Reifen wir also, Brüder und Schwestern und nehmen wir den Hauch der Liebe Gottes freudig in uns auf, denn damit sind wir alle des Lebens.

Gott zum Gruß!

Der Friede sei mit euch!Zeit. /span

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